Mercedes EQG mit „G-Turn“Elektro-G-Klasse mit zwei Gängen zum Kraxeln
Im Rahmen der neuen Mercedes-Strategie hat Mercedes vor vielen Monaten auch einen Ausblick auf den EQG gegeben. Eine kurze Video-Sequenz zeigt den noch getarnten EQG, wie er sich um seine eigene Hochachse dreht. Möglich machen das die vier Elektromotoren – je einer an jedem Rad -, die den E-SUV auf der Stelle rotieren lassen können – per Knopdruck auf der Mittelkonsole.
Leiterrahmen mit geschütztem Akku-Kasten
Doch die Serienversion des EQG hat mehr als nur den "G-Turn", wie sie es nennen, zu bieten. Die elektrische G-Klasse baut nicht auf der Modularen Elektro-Architektur (MEA) oder der EVA II-Plattform auf, so wie EQS und Co. Stattdessen bleibt der EQG ganz in der Tradition seiner Verbrenner-Pendants und basiert auf einem klassischen Leiterrahmen. Diese wurde für die Elektro-Architektur modifiziert und verstärkt, Querstreben mussten dem Akku-Pack weichen, das auch strukturelle Aufgaben übernimmt. Den Batteriekasten schützt an der Unterseite eine Platte aus einem noch nicht näher beschriebenen Faserverbundwerkstoff, der den Kasten durchschlagfest machen soll und damit den Akku schützt, selbst wenn der elektrische Kraxler auf spitzen Felsen aufsitzt. Außerdem muss der Batteriekasten wasserdicht sein – schließlich kann der EQG bis zur Zierleiste in Wasser tauchen und durch kleinere Flüsse waten, ohne dass ein Kurzschluss droht. Die Steuerelektronik und weitere Aggregate finden unter der Fronthaube Platz, einen bei E-Autos gängigen Frunk gibt es daher nicht.
Die Vorderachse des EQG ist wie bei der G-Klasse als Doppelquerlenkerachse mit Einzelradaufhängung und Federbein ausgeführt. Die Starrachse hinten ist als De-Dion-Achse konstruiert. Der Antrieb erfolgt über separate Halbwellen, wodurch die hinteren Elektromotoren mit dem Chassis verschraubt werden können. Der Vorteil: Über den gesamten Federweg bleiben Sturz und Spur der Räder konstant. Neben drei Fahrprogrammen Eco, Comfort und Sport bietet der EQG auch noch drei Offroad-Modi namens "Trail", "Sand" und "Rock". Den Kontakt zur Straße halten 18 Zoll große Räder mit 265/60er-Reifen, die an adaptiven Stoßdämpfern mit Stahlfedern hängen.
Tempomat für Low-Speed
Außerdem hat der E-Antrieb eine per Knopfdruck im Stand zuschaltbare Untersetzung (2:1). Sprich, der EQG ist einer der wenigen E-Autos mit mehr als einem Gang. Zwar wären die E-Motoren auch bei niedrigsten Drehzahlen stark genug, die Räder selbst in schwierigen Positionen weiterzudrehen, aber dann liefen die Maschinen unter Umständen zu lang mit wenig Drehzahl, aber hohen Strömen. Dadurch besteht die Gefahr der Überhitzung. Mehr Drehzahl dank der Untersetzung bringt hingegen mehr Kühlung. Drei Kriechmodus-Versionen bietet der EQG, als eine Art Tempomat für niedrige Geschwindigkeiten: "D-" ist ausgelegt für bis zu 3 km/h, "D" erlaubt knapp mehr als 6 km/h und "D+" 8 km/h. Die Modi kann der Fahrer über die Lenkradpaddels steuern, die bei der Verbrenner-G-Klasse das manuelle Schalten der Neugang-Automatik erlauben.
In Sachen Antrieb wird der über drei Tonnen schwere EQG von vier Elektromotoren – pro Rad ein Motor – befeuert. Mercedes hält sich mit Leistungsangaben und Batteriedetails zurück. Allerdings dürfte das Serienmodell zum Marktstart 2024 zwischen 600 und 670 PS haben. Derart potent sollt der Standardsprint auf 100 Sachen in sechs Sekunden erfolgen. Der Akku stammt wohl aus dem EQS oder dem EQS SUV mit 108 kWh Kapazität. Der deutlich schwerer EQB wird dann die Reichweite seiner Technik-Spender von 660 Kilometer nicht schaffen. Wir schätzen, die elektrische G-Klasse kommt höchstens auf rund 350 Kilometer. Und da wir gerade bei Schätzungen sind: Der Verkaufspreis dürfte bei rund 200.000 Euro liegen. Zum Vergleich: Die G-Klasse startet bei 120.000 Euro als G400d, die AMG-Version liegt bei 184.000 Euro.
Doch Mercedes hat noch genug Zeit, die endgültigen Daten des EQG zu definieren. Die IAA-Studie von 2021 wirkte zwar bereits seriennah, aber die aktuelle Elektro-Strategie der Schwaben sieht den Elektro-G erst für 2024 vor – mit einer Weltpremiere eventuell bereits ein Jahr früher. Damit kann er den nötigen Anlauf nehmen, um die legendäre Teststrecke auf dem 1.445 Meter hohen Grazer Hausberg Schöckl zu bezwingen. Die finale Prüfung auf der 5,6 Kilometer langen Route mit ihren bis zu 60 Grad steilen Steigungen muss der Elektro-Kasten schaffen, wenn er ein vollwertiges Mitglied der G-Familie sein will.
EQG als Studie – seriennah
Die elektrisch angetriebene G-Klasse, die 2021 als seriennahe Studie Concept EQG auf der IAA Mobility in München debütierte, nahm zunächst einen langen Anlauf. Bereits 2017 ließ sich Mercedes die Modellbezeichnung EQG schützen. Etwas später, im Januar 2018, hatte Hollywood-Legende Arnold Schwarzenegger Dieter Zetsche ein Versprechen abgerungen: Bei der Vorstellung der aktuellen G-Klasse, Baureihe 463, sagte der damalige Daimler-Vorstandschef, dass die bevorstehende Elektrifizierung aller Modellreihen selbstverständlich auch den Geländewagen-Klassiker einschließen werde. Ende 2019 bestätigte dann Zetsches Nachfolger Ola Källenius auf einem Branchen-Kongress die elektrische Zukunft des G: "Es wird eine emissionsfreie EV-Version der Mercedes G-Klasse geben. In der Vergangenheit hatte es Diskussionen gegeben, das Modell einzustellen. So wie ich das nun sehe, ist der letzte Mercedes, den wir bauen, eine G-Klasse!"
In seiner Grundform entspricht der Mercedes Concept EQG exakt dem kastigen Wesen des Verbrenner-Pendants. In den Details greift die Studie jedoch typische Elektroauto-Merkmale auf. Zum Beispiel im Bereich zwischen den Rundscheinwerfern, wo der Kühlergrill einer durchgehenden tiefschwarzen Verkleidung weicht. Damit diese nicht zu trist daherkommt, präsentiert sie einen per LED beleuchteten Rahmen und Stern, während um diesen herum platzierte blaue Akzente einen Abendhimmel zu simulieren scheinen. Weiß leuchtende Kreise in den Außenspiegel-Gehäusen greifen die Optik der Tagfahrleuchten auf.
Zweifarb-Lackierung und 22-Zoll-Felgen
Leuchtstreifen sitzen auch in den seitlichen Stoßleisten, die damit dieses ikonische Design-Merkmal der G-Klasse betonen. Mit seiner Zweifarb-Lackierung – oben Schwarz glänzend, unten Alu Beam glänzend – scheint der Concept EQG bereits dem Maybach-Portfolio anzugehören. Dazu passt auch die Form der 22-Zoll-Leichtmetallräder aus poliertem Aluminium. Erst in der Draufsicht zeigt sich das mittig auf dem flachen Dachgepäckträger ausgeformte "G". Die LED-Lichtleisten an beiden Enden des zusätzlichen Stauraums – vorne weiß, hinten rot – sind dagegen aus den meisten Perspektiven wahrnehmbar.
Daimler AG
In der abschließbaren Box am Heck lässt sich beispielsweise das Ladekabel unterbringen.
Eine Besonderheit zeigt sich am Heck: Dort, wo normalerweise das Ersatzrad auf der Heckklappe sitzt, trägt das Showcar eine verschließbare Box, deren Form an eine Ladestation in der heimischen Garage erinnert. Das Behältnis ist beispielsweise für das Ladekabel vorgesehen.
Mit Leiterrahmen und radnah positionierten Motoren
Selbstverständlich bleibt die G-Klasse auch in ihrer elektrischen Ausprägung beim bekannten Geländewagen-Layout mit robustem Leiterrahmen. In diesem sitzt die Batterie, was für einen tiefen Schwerpunkt sorgt – und sich damit positiv auf die Geländefähigkeiten des Concept EQG auswirkt. Vorne verfügt der Concept EQG über Einzelradaufhängung, während hinten eine für die Integration des Elektroantriebs neu entwickelte Starrachse zum Einsatz kommt.
Daimler AG
Mit Leiterrahmen und vier radnah positionierten Motoren soll der EQG zu harten Geländeeinsätzen fähig sein.
Mit den vier radnah positionierten Elektromotoren wird ein radselektiver Antrieb möglich. In Kombination mit dem schaltbaren Getriebe samt "Low Range Modus" lassen sich die drei Differenzialsperren des konventionell angetriebenen G-Modells simulieren. Technische Daten verrät Mercedes bisher ebenso wenig wie Informationen zur Batterie-Kapazität oder zur Reichweite des Concept EQG. Doch der Hersteller hat sich bereits die Modellbezeichnungen EQG 560 und EQG 580 schützen lassen. Bedeutet: Die Serienversion dürfte ein Kraftmeier werden – zumindest, wenn man sich am EQS 580 orientiert, der 385 kW / 523 PS leistet und maximal 855 Newtonmeter über alle vier Räder auf den Untergrund überträgt.
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Ja. Klassische Optik, moderner Antrieb und unerreichte Offroad-Fähigkeit - die perfekte Kombination.
Nein. Der G muss so kernig bleiben wie bisher. Das geht nur, wenn er auch stinkt und Krach macht.
Fazit
Die G-Klasse mit ihren kräftigen und emissionsstarken Motoren verhagelt dem Unternehmen die CO2-Bilanz. Als Konsequenz käme nur die Einstellung des ikonischen Modells in Frage. Oder die Abkehr von konventionellen Motoren hin zum E-Antrieb. Damit zeigt sich Mercedes innovativ und zukunftsgewandt, könnte seine herkömmlichen G-Modelle auch weiterhin in den relevanten und margenstarken Märkten absetzen. Wobei der Klimaschutz nicht vor den Grenzen Chinas oder Saudi-Arabiens Halt macht ...
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